Geschichte des Champagners

Wer hätte gedacht dass das beliebte und edle Getränk Champagner, so wie wir es heute kennen, ursprünglich auf einige Missgeschicke und vor allem auf Unkenntnis zurück zu führen ist. 

An der nördlichen Grenze Frankreichs gelegen, zwischen dem 48° und 49,5° Breitengrad liegt das Anbaugebiet der Champagne. Hier war es auch, wo die Römer vor rund 1500 Jahren die ersten Rebstöcke in den Boden aus Kreidegestein steckten und beschlossen, dass hier nun Wein angebaut werden solle. Im Mittelalter betrieben die Mönche hier ihren Weinbau und bauten vorrangig stille Weine für ihre Messen aus. In dieser Zeit waren Weine aus jener Region, welche grob übersetzt: unfruchtbare Erde bedeutet, nicht grade ein Liebling der Franzosen. Vielmehr ging der Vins de Champagne in der Masse der französischen Weine unter. Unter Herrschaft von Heinrich IV entwickelten sich die Weine der Region weiter und begannen, in der Gunst der Bevölkerung zu wachsen. Die vormals von den Mönchen geweihten Weine wurden vermehrt bei Hofe kredenzt und fanden immer mehr Abnehmer.

Die Mischung macht’s

Ein Mönch war es ebenfalls, der den Champagner zum Sprudeln brachte. Der Benediktinermönch Dom Pérignon begann 1668 in der Abtei Saint-Pierre d’Hautvillers als Kellermeister zu arbeiten. Seine Hauptaufgabe war es über viele Jahre, die bestmögliche Mischung von Trauben bzw. Weinen für den besten und typischen Vins de Champagne heraus zu finden. Dass das beste Ergebnis zu Tage gefördert wird, wenn man die verschiedenen Trauben- bzw. Weinsorten miteinander mischt und eine sogenannte Cuvée kreiert, war die Quintessenz seiner Versuche. Auch die Kunst, aus roten Weinen einen weißen Wein zu bereiten, einen sog. „blanc de noir“, geht auf Pérignon zurück.

Zu jener Zeit war das Ziel, stille Tafelweine zu erzeugen. Für den Transport wurden die Weine frühzeitig in Fässer gefüllt. Da der Transport im Fass jedoch für die Weinqualität nicht zuträglich war, begann man, die Weine in Flaschen zu füllen, um die Frische länger zu behalten. Manchmal, unter Einwirkung von Wärme, fingen die Weine jedoch noch einmal an zu gären, da die erste Gärung noch nicht beendet war. Es entwickelte sich Kohlensäure. Der Druck der Kohlensäure brachte nicht selten genug die Flaschen zum Bersten. Diese sprudelnden Weine galten lange als Wein minderer Qualität. Doch die Engländer fanden Gefallen an genau jenen prickelnden Weinen. Ja, sie wurden regelrecht verrückt danach. So wurde das Abfüllen eben dieser Weine zur Mode. Auch Sonnenkönig Louis XIV (1638-1715) fand Gefallen an den spritzigen Weinen und machte die Weine aus der Champagne zu seinen Hofweinen. Dies zum Vorbild nehmend folgten ihm weiter europäische Herrscher, wie Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV, und nach und nach die ganze obere Gesellschaftsschicht.

Wie kommen die Perlen in den Wein?

Es gab nur ein Problem: das prickelnde Vergnügen war zum einen noch nicht auf Abruf verfügbar und zum anderen machten die Kellereien oftmals immensen Verlust durch Glasbruch. Und nicht selten genug gingen nicht nur die Flaschen zu Bruch; nein auch die Kellermeister lebten gefährlich. Zum Schutz vor umherfliegenden Glassplittern trugen die Kellermeister damals Eisenmasken, welche jedoch so schauderhaft ausgesehen haben müssen, dass das der Champagner schnell den Namen „Wein des Teufels“ innehatte.

Es wurde viel experimentiert mit dem Verschluss der Flaschen. Die althergebrachten Holzkeile konnten nun nicht mehr zum Verschließen der Flaschen verwendet werden. So benutzte man Kork, welchen man zunächst mit Hanfseilen am Flaschenhals zu sichern suchte. Dies hielt jedoch dem immensen Druck von bis zu 6 bar nicht stand. So ging man dazu über, den Kork mit Draht am Flaschenhals zu fixieren. Da diese Technik jedoch noch verbesserungswürdig war, da man die Drähte nur mit einer Spezialzange wieder aufbekam, entwickelte man bald schon die bekannte Schlaufe im Draht, mit welcher man die sogenannte „Agraffe“ einfach entfernen konnte. Auch die Tatsache, dass die Drähte den Korken so sehr einschnitten, dass dieser regelrecht geteilt wurde, war nicht ideal. 1844 kam Adolphe Jacqueson auf die Idee, zwischen Korken und Draht eine kleine Metallkappe zu legen. Da sich diese ideal für Wappen, Embleme etc. eignete, setzte sich diese Verschlussform schnell durch. Die Metallkappen wurden schnell begehrte Andenken und Sammlerobjekte, für welche es sogar einen Namen gibt: Placomusophilie, die Lust am Sammeln von Champagnermetallkappen.

Die Fähigkeit, die prickelnden Weine herzustellen und nicht mehr nur dem Zufall das Werk zu überlassen, entwickelte sich jedoch erst, nachdem der bekannte französische Mikrobiologe und Chemiker Louis Pasteur (1822-1895) einige Grundlagenforschungen über die Prozesse der Gärung betrieben hatte. Aufgrund dieses Wissens war es nun möglich, aus jeden gewünschten Wein einen kohlesauren Champagner zu gewinnen.

Trübe Sache

Der Champagner sah jedoch damals nicht so aus, wie wir ihn heute kennen. Vielmehr war es ein trüber Wein. Trüb daher, weil sich die Hefereste von der Gärung noch im Wein befanden. Nicole-Barbe Ponsardin-Clicquot, welche 1798 den Champagnerkellereibesitzer Francois Clicquot heiratete, war die Frau, welche für eine Revolution in der Champagnerwelt sorgte. Nach dem frühen Tod ihres Mannes übernahm sie den Betrieb und führte ihn erfolgreich weiter. Sie erfand gemeinsam mit ihren Kellermeistern das Rütteln und das sogenannte Degorgieren. Diese Vorgänge sorgen dafür, dass die abgestorbenen Hefereste in den Flaschenhals befördert werden und entfernt werden können. Auf dem Rüttelpult werden die Flaschen behutsam von der Waagerechten in die Senkrechte gedreht und gerüttelt. Im Anschluss, wenn sich die abgestorbene Hefe im Flaschenhals gesammelt hat, kommt es zum Vorgang des Degorgierens. Durch einen Kälteschock gefriert der Heferest und man kann diesen mitsamt dem Korken entfernen. Im Anschluss wird die Flasche mit der sogenannten Dosage aufgefüllt, welche den ganz speziellen Charakter der Champagner ausmacht. Noch heute sind die Champagner aus dem Hause Veuve (= Witwe) Clicquot, heute eine Marke im Moët Hennessy Louis Vuitton Konzern, weltberühmt. Eine weitere berühmte Dame der Champagnerwelt ist Louise Pommery, welche zuerst einen trockenen Champagner, also einen Brut herstellte.

Berühmte Champagnerhäuser

Am Ende des 18. Jahrhunderts und zu Beginn des 19. Jahrhunderts zog es jede Menge geschäftstüchtiger deutscher Männer nach Frankreich und in die Champagne, um hier Handel zu treiben und Französisch zu lernen. Unter Ihnen waren unter anderem die Herren Bollinger, Heidsick, Mumm, Krug, Piper und Roederer. Durch Fleiß und eine clevere Heiratspolitik gelang es ihnen schnell, in Frankreich Fuß zu fassen. Ihre Namen sind noch heute jene großen Champagnerhäuser. Die älteste noch bestehende französische Champagnerkellerei ist die von Nicolas Ruinart, welche sich heute wieder im Familienbesitz befindet.

Seinen Siegeszug um die ganze Welt hatte der Champagner dann im 19. Jahrhundert. Auch die Einführung von edel und individuell gestalteten Etiketten trug immens zur Markenbildung bei. Im Jahre 1882 wurden schon 36 Millionen Flaschen erzeugt, von denen zwei Drittel exportiert wurden. Champagner war und ist weltweit ein Begriff für prickelnden Genuss.

Reblaus und Prohibition und Mehltau und Revolution

Doch dann kam der Rückschlag, oder vielmehr: dann kam die Reblaus! Die Champagne war jedoch erst relativ spät vom Eintreffen des Vielfraßes betroffen. Die Zerstörung durch das Ungeziefer war trotzdem nachhaltig: die Hälfte aller Anbauflächen fiel weg. Doch eines brachte die Invasion der Laus: die Rebsorten, welche sich am besten für den Champagner eigneten, kristallisierten sich heraus zu Gunsten von Pinot Noir, Pinot Meunier sowie Chardonnay. Dieses sind noch heute die einzigen zugelassenen Rebsorten für den Champagner.

In den Jahrgängen 1909 und 1910 vernichtet der Mehltau die Ernte. Die hatte zur Folge, dass sich die Champagnerhäuser Trauben aus anderen Gegenden dazu kauften, um ihre Verluste so gering als möglich zu halten. Da hatten sie jedoch die Rechnung ohne die ansässigen Winzer gemacht: diese probten den Aufstand und demonstrierten gegen den Betrug. Viele der Champagnerhäuser wurden durch die wütenden Winzer niedergebrannt. Dieser Aufstand hatte zur Folge, dass strengere Gesetze zur Herstellung von Champagner gültig wurden. 1911 wurde ein Gesetz erlassen, welches die genaue Kennzeichnung der Champagner sichern sollte. In den Folgejahren wurde das Gesetz um die Eingrenzung der Anbauflächen sowie die genauen Vorgaben zur Erzeugung der Trauben erweitert. Diese strengen Vorgaben gelten noch heute. Deshalb ist Champagner auch heute noch der Inbegriff eines edlen Weins.

Im ersten Weltkrieg hatten die Champagnerhersteller abermals mit Problemen zu kämpfen. So stellten vorrangig die russischen Revolution sowie die Prohibition in Amerika, welche zu starken Exporteinschnitten führte, die Champagnerhäuser vor große Probleme. Im Laufe des Jahrhunderts erholte sich der Champagnermarkt jedoch und erreicht im Übergang zum neuen Jahrtausend einen nie dagewesenen Absatz von 327 Millionen Flaschen, 2007 waren es dann sogar fast 400 Millionen. Heute hat sich der Absatz bei etwa 300 Millionen Flaschen eingependelt.